von Juliane Kolbe, studiert Interdisziplinäre Niederlandistik mit dem Schwerpunkt Literarisches Übersetzen und Kulturtransfer
“Du hast mit den anderen Workshopteilnehmerinnen mehr als eine Stunde über einen einzelnen Textabschnitt diskutiert?” – Ja, genauso war es!
Die Feinarbeit im Workshop, der im Rahmen des Masterstudiengangs Interdisziplinäre Niederlandistik unter der Leitung von Bettina Bach stattfand, führte uns vor Augen, dass Übersetzen mehr als nur eine statische, monotone und einfache Tätigkeit darstellt. Es ist eine Reise. Jeder beginnt mit einem anderen Schritt, stolpert über andere Steine und entscheidet sich für alternative Wegabzweigungen. Was uns auf der Übersetzungsreise verbindet? – Das genaue Hinsehen, das Sich-in-die-Autorin-hineinversetzen und den Anspruch haben, eine möglichst deutsch-klingende Übersetzung zu kreieren. Klingt jetzt gar nicht mehr so einfach, oder?
Niet ik von Yolanda Entuis wurde der allererste literarische Text, den ich aus dem Niederländischen ins Deutsche übersetzte. Anders gesagt: Ich suchte nach Lösungen für die Übersetzungsprobleme, die ich vorfand. Spoiler – meine Stolpersteine waren vor allem niederländische Redewendungen. Meine Lösungen haben wir in der Workshop-Gruppe genauer unter die Lupe genommen. Haargenau, um genau zu sein. Ich liebe Redewendungen, idiomatische Ausdrücke, denn sie malen nicht nur ein Bild vor deinem inneren Auge, sondern laden dich in die Kultur des Originaltextes ein. Aus dem niederländischen Idiom “aan mijn water voelen” wurde zum Beispiel “an meinem Bauchgefühl spüren”. Bei dem Ausdruck “een muur van water” ist zuerst die deutsche Lösung “Mauer aus Wasser” geworden, wurde dann zu “Wassermauer” und entwickelte sich schließlich zum Wort “Wasserwand”. Du siehst, übersetzen ist ein Prozess, eine Reise. Ganz nach dem Motto: “Learning by doing”.
In meiner gesamten akademischen Laufbahn habe ich noch nie eine solch intensive und lehrreiche Textarbeit erlebt wie im Workshop mit Bettina. Er gab mir einen Einblick in das Übersetzer-Universum, welches mir vorher ferner lag als gedacht, obwohl ich schon einmal als Werkstudentin Übersetzungsarbeit ausgeübt hatte. Das genaue Hinsehen, das Sich-in-die-Autorin-hineinversetzen, um den Anspruch, eine möglichst deutsch-klingende Übersetzung zu kreieren, zu erfüllen. Meiner Meinung nach ist der beste Wegbegleiter Leidenschaft für die Deutsche und Niederländische Sprache und Kultur. Dicht darauf folgt das Gefühl für die Sprache(n), denn schon ältere Übersetzungstheoretiker stellen in ihren Abhandlungen über das Übersetzen fest, dass brontekst und doeltekst sehr gut bis perfekt beherrscht werden müssen, um “gute” Übersetzungen zu erschaffen. Ohne Leidenschaft ist der Weg als literarischer Übersetzer oder literarische Übersetzerin wohl eher ein Kurztrip.
Abschließend möchte ich sagen: “Auch ein Wolkenkratzer hat mal als Keller angefangen” – übrigens auch ein Idiom. Wie würdest du das ins Niederländische übersetzen? Tausche dich mit Fachleuten aus, schreibe dich für den Master Interdisziplinäre Niederlandistik an der WWU ein, bitte um einen Beratungstermin unter dem Menüpunkt “Kontakt” oder besuche Vorträge und Workshops zum Thema Übersetzungsarbeit.
Vielen Dank an Juliane Kolbe für ihren Beitrag! Weitere Beiträge folgen in nächster Zeit unter dem Reiter „Übersetzung in der Praxis – Erfahrungsberichte der LÜK-Studierenden“.