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Neue Erfahrungsberichte der LÜK-Studierenden

Was eine gute Übersetzung ausmacht

von Marie Poppen, studiert Interdisziplinäre Niederlandistik mit dem Schwerpunkt Literarisches Übersetzen und Kulturtransfer

Zwei Kapitel von Jij mag alles zijn von Griet op de Beeck übertrug ich ins Deutsche – ein rührendes Buch aus der Sicht eines neunjährigen Mädchens geschrieben, die versucht, ihre Mitmenschen glücklich zu machen. Während des Übersetzungsworkshops, der unter der Leitung von Übersetzerin Bettina Bach im Rahmen meines Masterstudiengangs Interdisziplinäre Niederlandistik stattfand, lernte ich, was eine gute Übersetzung ausmacht.

Jij mag alles zijn, Griet Op de Beeck | 9789044649192 | Boeken | bol.com

„Aber im Originaltext steht das doch ganz anders?“ Ja, das habe ich am Anfang gedacht. Ich wollte lieber nah am Original bleiben. Warum? Wahrscheinlich mit dem Gedanken: Dann mache ich nichts falsch. Und auch weil ich mir gedacht habe, dass es nicht mein Text ist und ich nicht das Recht habe, den Text der Autorin umzuschreiben. Außerdem war meine Wort-für-Wort-Übersetzung sicherlich nicht falsch. Jeder Lesende würde verstehen, was gesagt wird und grammatikalisch war auch alles richtig.

Es gibt jedoch ein ganz großes Aber. In meiner Übersetzung lag der Fokus auf Mündlichkeit. Hier ein Beispiel von meiner ersten und meiner überarbeiteten Übersetzung:

„Was ist hier los?“

„Ich mache Pasta für Mama. Und für dich, natürlich.“

„Wirklich? Kannst du das?“

Lexi nickt. […]

„Unglaublich. Was für eine vorbildliche Tochter wir nur haben“, sagt Papa.

„Was machst du da?“

„Nudeln für Mama. Und für dich, natürlich.“

„Du kannst kochen?“

Lexi nickt. […]

„Wow, ich bin beeindruckt. Wir haben eine sehr vorbildliche Tochter“, sagt Papa.

Bei meiner ersten Übersetzung habe ich Wort-für-Wort übersetzt. Doch reden wir so im Deutschen? Ich glaube, an dem Beispiel wird deutlich, dass der Text nach der Überarbeitung viel natürlicher und authentischer klingt. Es liegt an den Sprachen, die sich einfach in der Art unterscheiden, wie man bestimmte Dinge wiedergibt.

Neben unzähligen anderen Erkenntnissen, die ich im Workshop machen durfte, habe ich auch eine Antwort auf meine Frage erhalten, was eigentlich eine gute Übersetzung ausmacht. Ich kann es mir nämlich jetzt selbst beantworten durch den Vergleich meiner ersten und meiner überarbeiteten Übersetzung: Es geht einfach besser und schöner. Es sind die Kleinigkeiten, die eine Übersetzung zu einer guten Übersetzung machen.

Vielen Dank an Marie Poppen für ihren Beitrag! Weitere Beiträge folgen in nächster Zeit unter dem Reiter „Übersetzung in der Praxis – Erfahrungsberichte der LÜK-Studierenden“.